Am vergangenen Wochenende trafen sich über 2000 Trailrunner aus 46 Nationen beim www.zugspitz-ultratrail.com um auf verschiedenen Strecken um die Zugspitze zu laufen. Ein absolut herausragendes Wochenende in meinem Jahreskalender, bereits seit einem Jahr freute ich mich darauf. Hier wollten wir unsere offizielle Ultra-Premiere begehen und wir haben es geschafft!!!!
Letztes Jahr sind wir den Basetrail – die Einsteigervariante mit 36km und 2000HM jeweils im Auf- und Abstieg – gelaufen und dieses Jahr war es die bisher größte sportliche Herausforderung unseres Lebens: Der Supertrail mit 60km und 3000HM im Aufstieg und 3300HM im Abstieg. So ganz realisieren kann ich es immer noch nicht das ich 60km durch die Berge laufen kann. 11 Stunden 51 Minuten und 54 Sekunden war ich dafür unterwegs, Katja hat es in 12:27.53 geschafft. Um die 12h hatte ich für mich im Vorfeld für den Supertrail (ZST) veranschlagt, die Prognose hat gepasst. Die Zielzeit spielt für mich keine Rolle, Hauptsache mir hängen die Cut-Offs an den Verpflegungspunkten (V) nicht im Nacken und ich habe ein Zeitpolster, das mir erlaubt – falls es nötig ist – mich an einem V auch mal auszuruhen.
Nach Grainau ging´s für uns bereits am Donnerstag und so konnten wir uns gut auf das Event einstimmen. Nach dem einchecken in der Pension knurrte auch bereits der Magen und wir machten uns auf nach Hammersbach um dort zu essen und um gleichzeitig die letzten 2km des ZST nochmal abzugehen, die waren nämlich letztes Jahr beim Basetrail für mich die schwersten. Das wollte ich dieses Jahr nicht mehr erleben. Das hat gut gefunzt, diese 2km fühlten sich dann am Samstag nicht mehr so lang an wie letztes Jahr. Noch kurz die Startunterlagen geholt und es ging zurück in die Pension, checken was sich wohl dieses Jahr so im Beutel befinden würde:
Ein paar nützliche Giveaways und ein schönes Shirt (der gleiche Spruch hängt an meinem Schreibtisch auf Arbeit 🙂 ), Karten der Strecke mitsamt Zeitangaben für die einzelnen Abschnitte und dem Höhenprofil (gehört zur Pflichtausrüstung und muss mitgeführt werden). Was ein Witz war, war der Faltbecher. So ein zweckverfehltes Gadget ist mir noch nie unter die Finger gekommen. Da besteht dringend Verbesserungsbedarf, ein Faltbecher der zur Pflichtausrüstung gehört sollte auch funktionieren und nicht bereits beim auspacken auseinander fallen. Zum Glück hatten wir unsere eigenen Faltbecher eingepackt.
Am Freitag trafen wir bereits beim Frühstück Bekannte und Freunde, später war dann noch Trail-Forum Treffen angesagt bevor es zur Pasta-Party mit anschließendem Briefing ging.
Abends haben wir dann noch alles was wir brauchen und alles was wir mitführen müssen für den ZST hergerichtet und in Tüten verstaut so das am Samstag früh der Rucksack schnell gepackt war
Um 06.00 Uhr am Samstag früh ging´s dann zum Frühstück, Steve und Markus nochmal viel Glück für den Ultra (100km, 5400HM + und -) gewünscht die ihren Start um 07.15 Uhr hatten. Leider konnten wir uns den Start der Ultras nicht anschauen, denn unser Bustransfer nach Leutsch-Weidach ging um 07.10 Uhr. Die Atmosphäre im Bus war entspannt, die meisten dösten vor sich hin und um 08.00 Uhr waren wir dann am Startbereich des ZST in Leutasch angekommen.
Eh wir uns versahen standen wir in der Startbox und die letzten Minuten bis zum Startschuss um 09.00 Uhr vergingen sehr schnell
PENG! Los ging´s……endlich startete unser Abenteuer. Die letzten Wochen und Tage vor Grainau baute sich in mir immer mehr Aufregung und Spannung auf, seit wir jedoch in Grainau waren fühlte ich mich sehr relaxed und mit dem Startschuss fiel der letzte Rest Anspannung ab und die Konzentration auf die kommenden Stunden und Kilometer und Höhenmeter übernahm die Führung in mir. Die Gesamtlänge sekundär im Hinterkopf, von Verpflegungspunkt zu Verpflegungspunkt primär im Vorderkopf den ZST angehen – das war meine Strategie wie ich mental das Ding anpacken wollte und es hat super gut so geklappt. Nicht einmal hatte ich annähernd solche Gedanken im Kopf wie „Was mach ich hier überhaupt“ oder „Wieso tue ich mir sowas an“. Ich habe den ZST vom ersten bis zum letzten Kilometer geniessen können.
Die ersten Kilometer ging es durch Leutasch (1106m), dann auf Forstwegen zum ersten Aufstieg, der schon bei km 4,4 begann und erst bei über 8km auf dem Scharnitzjoch (2048m) sein Ende finden sollte. OHA! Wie auf einer Rampe ging es 600HM in Direttissima zur Wangalm und von dort nochmal 300HM zum Scharnitzjoch. Das ging schon ganz ordentlich in die Waden.
Die erste Tour des Jahres in den Alpen benötige ich immer zur Akklimatisierung, mein Körper muss sich erst auf die steilen und langen Anstiege wie sie in den Alpen vorherrschen einstellen. Nun gut, dieses Jahr sollte es eben beim ZST sein 😉 Ich war trotzdem erstaunt, das ich in gut 1 1/2 Stunden bereits oben war (gefühlt war es länger)
Schon bereits in dem schweißtreibenden Aufstieg nahm ich mir vor, am Scharnitzjoch eine Salztablette zu nehmen. Aber als ich dann oben war, hatte ich es vergessen, ein kalter Wind empfing uns. Ich stopfte mir nur einen halben Riegel zwischen die Zähne, machte ein paar Bilder um mich dann in den ersten Downhill des Tages zu stürzen
Wie geil! Ein Downhill, der Spaß macht, schwierige und gemäßigtere Teilstücke wechseln sich in der oberen Hälfte ab bevor es im unteren Teil mal so richtig steil wird. Hier muss man sehr aufpassen, das man sich nicht abschiesst, das geht schon mächtig in die Oberschenkel. Mit Stöcken ist es aber gut zu meistern. Irgendwann auf halber Strecke fiel mir dann die vergessene Salztablette wieder ein…..Mist, jetzt wollte ich aber deswegen nicht stehen bleiben und meinen Rhythmus unterbrechen – also dann eben am V5 Hubertushof die verdammte Tablette einwerfen. Hoffentlich würde es bis dahin nicht zu spät sein……von heranrückenden Krämpfen war aber nichts zu spüren. Unten im Tal war es bereits sehr warm und die letzten Kilometer bis zum V5 schon ein wenig zäh. Endlich dort angekommen, führte die Strecke durch den Medi-Check für die Ultras und Supertrail XLer (78km, 4000HM+ und -). Hier habe ich dann erstmal ordentlich getrunken, die Softflask aufgefüllt, endlich die Salztablette genommen, ein Gel und Orangenschnitze gezuzelt. Kaum war ich auf dem nur ganz wenig welligen, eigentlich flachen Forstweg in Richtung Geisterklamm und Mittenwald angekommen, wurde jeder Schritt schwer und zäh. Na klasse! Wenn es mir nun hier, auf dem flachen Stück, schlecht ging, wie würde es dann wohl noch später werden, wenn die Anstiege wieder kommen? Wie lange würde ich das mental aushalten können? Ich will doch Spaß haben und ja, auch dabei leiden müssen – aber 40km lang, also 2/3 meiner Strecke? Ich hoffte, das auch bei mir – so wie bei vielen anderen – Tiefs kommen und aber auch wieder gehen. Die Schwere zog sich dann bis dahin, wo man ein Stück direkt an der Straße laufen muss. Da merkte ich, das ich schneller wurde, obwohl ich nicht bewußt schneller lief sondern gefühlt immer noch im selben Trott wie auf dem Forstweg. Ich lief wieder auf andere Läufer auf und überholte sie welche mich wenige Kilometer vorher noch überholt hatten. Ich denke, ab da fing die Salztablette an zu wirken, denn jeder Schritt wurde minimalst leichter als der vorherige und die Zuversicht kam zurück. Noch ein Gel in der Geisterklamm, ausgiebig trinken denn der nächste V6 in Mittenwald war nicht mehr weit weg.
Danach ging es direkt auf einen wunderschönen Trail, so wie es sie bei mir zu Hause auf der Schwäbischen Alb zu hauf gibt und ich liebe sie einfach. Ich fühlte mich daheim und mein Flow begann. Schwupps war ich auch schon am Ferchensee, V7.
Ab hier kannte ich die Strecke vom letzten Jahr und konnte sie mir deswegen gut einteilen. Strecken, egal wo, wenn ich sie schon mal gelaufen bin, fallen sie mir viel leichter als wenn ich sie zum ersten Mal laufe. Musik in die Ohren und der lange Bannholzweg wurde kurzweilig, ich sang vor mich hin, versuchte im Schatten zu bleiben wo es ging, denn die Sonne brannte hier ordentlich vom Himmel herunter und eine kühle Brise fand nur selten durch die Bäume ihren Weg hindurch. Irgendwo dort, ca. bei km 34 zog – nein flog – Stefan Hugenschmidt an mir vorbei…..Wahnsinn, echt, er gewann die Ultrastrecke (100km, 5400HM) in unglaublichen 10:36.50h.
Dann der Kälbersteig – HOLLA – war der letztes Jahr auch so knifflig gewesen? Huiuiui, da musste ich schon ganz schön nen Gang rausnehmen, denn stürzen oder mit dem Fuß umknicken – das wollte ich auf gar keinen Fall riskieren.
Wo letztes Jahr der V8 Reintal war gab es nur die rauschende Partnach. Nochmal gute 200HM hoch, hier stand dann schon das Schild mit dem Hinweis, das ich 40km bereits hinter mir hatte *g*
Dann V8, dieser wurde aus organisatorischen Gründen vom Reintal hoch an die Reinalm verlegt. Gute 10 Minuten ließ ich mir dort Zeit, aß und trank, genoß das kühle Red Bull das es dort gab und rüstete mich mental auf den langen Anstieg zur Talstation Längenfelder.
Ich fühlte mich immer noch gut, blieb immer in meinem Rhythmus und war ziemlich genau um 18.00 Uhr an V9. Lecker, hier gab es Nudelsuppe – die tat so was von gut. Kurz Handy checken – und siehe da – eine Nachricht von Katja – fröhlich verkündent, das sie jetzt auch Ultra ist. YIHAAAA!!! Freude! Erleichterung! Weit hinter mir war sie nicht, eine knappe Stunde ungefähr und ich wußte nun das es ihr gut geht. Mit diesen positiven Gedanken ging es auf das letzte Stück des letzten Anstieges und die Aussicht und die Berge waren so schön, so schön. Letztes Jahr blieb uns dieser Ausblick verwehrt, da alles im Nebel lag
Nur kurz währte der Gedanke, mich einfach mal eben hier in die Sonne zu legen und ein kleines Nickerchen zu machen – die Verlockung war groß 😉
Nix da, weiter, weiter, so langsam schmerzten ordentlich die Beine und dann war er endlich geschafft, der letzte Anstieg. Nun galt es nochmal, alle verfügbare Kraft zusammen zu nehmen, denn der Abstieg war alles andere als einfach.
Ca. 1200Hm abwärts lagen noch vor mir, verteilt auf 5km mit kurzer Verschnaufpause an V10 (=V9). Hier tankte ich nochmal Obst in frischer und getrockneter Form und Cola plus ein Red Bull Shot, mein Geist sollte so wach wie nur möglich sein um heile den Jägersteig runter zu kommen, der im unteren Teil so steil und so rutschig ist. Dann spukt einen der Abstieg direkt in Hammersbach aus dem Wald aus, jetzt nur noch die letzten und flachen 2km nach Grainau hinüber auf Aspalt. In der letzten Kurve vor dem Zieleinlauf hörte ich auf einmal meinen Namen von bekannter Stimme brüllen – mein Papa war da! – hatte er es wieder geschafft, mich zu überraschen *freufreufreu*
Endlich war ich da! Endlich im Ziel! Mein erster offizieller Ultra – gerockt, gefinisht, nur kurz gelitten, so viel Spaß und so viel Flow durfte ich haben auf Trails in einer großartigen Landschaft an einem majestätischen Gebirgsmassiv – besser geht´s nicht 🙂
Irgendwie hat wohl der Fotograf im Ziel nen Hänger gehabt – es gibt weder von Katja noch von mir ein Bild des Zieleinlaufs. Wurscht – dann eben so:
Am Sonntag tummelten wir uns dann noch auf der Abschlußveranstaltung und beglückwünschten alle Freunde und Bekannte die wir trafen.
Nochmal ein herzliches Dankeschön an unseren Ziel(schwieger)papasupporter, den wir zum Dank die Hälfte unseres Bettes in der Nacht zum Sonntag zur Verfügung stellten 🙂
Die Nachwirkungen? Nachts brennende Beine, stöhnen und ächzen begleitet von Dauerkichern hihihihi beim aufstehen und hinsetzen, Treppen runter ging bis einschl. Montag nur mit abstützen da die Oberschenkel Matsch waren. Eine klitzekleine Blase am Fuß bei mir, Katja hatte 3 Blasen die aber nicht schlimm waren. Der kleine Zeh am rechten Fuß litt am Sonntag unter Druckschmerzen und nachts hatten wir etwas Halsweh bzw. Husten (kam wohl vom dauernden durch den Mund atmen) und leichten Muskelkater im Nacken. Kein Knie, kein Rücken, keine Achillessehne, keine Hüfte, keine Adduktoren oder sonstigen Zipperlein die uns mal mehr und mal weniger in der Vorbereitung ärgerten. Am Sonntag merkte ich deutlich, das der gesamte Körper und Geist auf Sparflamme gestellt war, Hunger mit Appetit war erst am Montag Abend wieder da und von da ab normalisierten sich auch wieder die restlichen Körperfunktionen.
That´s it!
Es war ein absolut schönes Wochenende, mit so vielen Emotionen und wunderschönen Momenten voller Aufregung, Stolz, Freude und Glück, Wiedersehen mit Bekannten und Freunden die allesamt eine Riesenleistung abgelegt haben und an das wir uns noch oft erinnern werden. Und wir werden wieder kommen – vllt nicht nächstes Jahr – aber das wir wieder kommen werden steht fest!
Das Sammelsurium an Musik in der Zufallswiedergabe:
Der move: http://www.movescount.com/de/moves/move34345210
In der Glotze: http://www.sat1bayern.de/news/20140623/ueber-2000-athleten-beim-zugspitz-ultratrail/
Yeah…Glückwunsch zum ersten Ultra und zum Finish!
Respekt!
Wir sehen uns 2015! 😉
Danke! Dito 😉
Glückwunsch zur tollen Leistung und danke für den schönen Bericht!
CU @ ZUT 2015?! ;o)
Viele Grüße
Sebastian
Danke Sebastian! Mal schauen ob´s 2015 zeitlich klappt….
Aber eigentlich ist diese Veranstaltung zu schön, um sie sausen zu lassen 😉
Glückwunsch! Sehr schöner Bericht! Da ging’s Dir ähnlich wie mir: auch ich hatte das Gefühl, das Rennen vom Anfang bis zum Ende genießen zu können (mein Bericht folgt noch in den nächsten Tagen). Würde mich freuen, Euch bald wieder zu treffen 🙂
Hallo Chris! Merci 🙂
Ja, da bin ich sehr froh darüber, das meine Ultra-Premiere so „reibungslos“ verlaufen ist. Mir ist aber auch durchaus bewußt, das es nicht immer so easy sein wird – jedoch macht jede Erfahrung reicher.
Ich bin mir sicher, das wir uns wieder treffen!
Glückwunsch zur Leistung! 🙂 Man sieht sich dann nächstes Jahr wieder in Grainau 🙂
Hallo Jörn! Danke! Yep, und wenn es dort nicht klappt dann bei irgendeinem anderen Trailrun(event) 🙂
Sehr schöner Bericht! Ich bin über Umwege hier gelandet da ich auch vorhabe den ZST zu laufen. Da mich natürlich viele Bedenken plagen mal eine generelle Frage. Bei deiner FinisherZeit von um die 12h, bist du dann in den Anstiegen am gehen oder noch im Laufschritt?
Liebe Grüße 🙂
Hallo Neil,
erstmal vielen Dank!
Ich bin die Anstiege gegangen – so zügig wie es mir möglich war. Um Dich vielleicht etwas zu beruhigen: das tun ausnahmslos ALLE, auch die Sieger 😉 Die Anstiege sind eh so steil das sie für Normalos nicht laufbar sind und man ist zügig gehend sowieso schneller und es ist auch ökonomischer. Ich gehe bei Ultras nahezu alle längeren Anstiege (die steilen sowieso), welche ich sonst im Training laufend bewältige. Beim Ultra ist es wichtig, das man mit seiner Energie gut haushaltet. Lieber hinten raus noch gut Saft haben und die letzten Kilometer dann ins Ziel laufen können. Daher macht es auch durchaus Sinn, zügiges wandern bergauf zu trainieren, denn die Beanspruchung der Muskulatur ist anders.
Lieber Gruß 🙂
Vielen Dank für die Antwort! Vielleicht sieht man sich bei der diesjährigen Ausgabe ja 😉